VERÖFFENTLICHUNG VON GRUPPENFOTOS IN SOZIALEN NETZWERKEN

Die Veröffentlichung von Fotoaufnahmen einer oder mehrerer Personen im Internet im Allgemeinen sowie in sozialen Netzwerken im Besonderen stellt eine Verarbeitung personenbezogener Daten dar, welcher einer einschlägigen Rechtsgrundlage bedarf. Verantwortliche Stellen und Datenschutzbeauftragte stehen regelmäßig vor der Herausforderung der datenschutzrechtlichen Einschätzung, ob und in welchem Rahmen eine derartige Veröffentlichung vorgenommen werden kann. Anhaltspunkte liefert hierbei eine aktuelle Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg (OVG Lüneburg, Beschl. v. 19.1.2021 – 11 LA 16/20).


SACHVERHALT

Im Rahmen einer öffentlichen Veranstaltung eines Ortsvereins einer politischen Partei mit insgesamt rund 70 Teilnehmenden nahm einer der Veranstaltungsteilnehmer ein Foto auf, auf welchem ein Großteil der Teilnehmenden abgebildet war. Hierunter auch der Vorsitzende des Ortsvereins sowie das Ehepaar F. Dieses Foto wurde durch denselben Ortsverein vier Jahr später in einem sozialen Netzwerk veröffentlicht. Herr F. wandte sich hierauf mit Verweis auf das für die Veröffentlichung fehlende erforderliche Einverständnis an den Ortsverein und forderte diesen zur Stellungnahme und Löschung auf. Zudem legte Herr F. bei der zuständigen Datenschutzaufsichtsbehörde Beschwerde ein, welche umgehend ein aufsichtsbehördliches Prüfverfahren einleitete. Der Ortsverein führte aus, dass die Veröffentlichung weder gegen die Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) noch gegen das Gesetz betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie (KUG) verstoße. Gegen die daraufhin ergangene aufsichtsbehördliche Verwarnung erhob der Ortsverein Klage. Das Verwaltungsgericht Hannover bestätigte erstinstanzlich den Bescheid (VG Hannover, Urt. v. 27.11.19 – 10 A 820/19), das OVG lehnte nunmehr den Antrag auf Berufungszulassung ab.


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE UND AUSWIRKUNGEN AUF DIE PRAXIS

Die Veröffentlichung von Fotografien innerhalb eines sozialen Netzwerkes stellt nach Ansicht des OVG unstreitig eine Verarbeitung personenbezogener Daten unter gemeinsamer Verantwortlichkeit des Betreibers der jeweiligen Seite mit dem Betreiber des sozialen Netzwerkes dar. Die streitgegenständliche Datenverarbeitung sei nach Art. 5 Abs. 1 i.V.m. Art. 6 Abs. 1 DS-GVO nicht gerechtfertigt und mithin als Verstoß gegen die DS-GVO zu werten. Die Veröffentlichung der Fotografien könne unter anderem weder auf die Rechtsgrundlagen des berechtigten Interesses gemäß Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. f DS-GVO noch auf die spezialgesetzlichen Regelungen der §§ 22, 23 KUG i.V.m. Art. 85 Abs. 2 DS-GVO gestützt werden.

Das OVG legte dar, dass es im vorliegenden Fall grundsätzlich an der Erforderlichkeit der konkreten Datenverarbeitung fehlte. Darüber hinaus haben im Rahmen einer Interessenabwägung des Ortsvereins die entgegenstehenden Rechte und Interessen der betroffenen Personen lediglich in unzureichendem Umfang Eingang gefunden. Weiterhin entspricht die konkrete Datenverarbeitung auch nicht den vernünftigen Erwartungen der betroffenen Personen. Die Anwendung der spezialgesetzlichen Normen der §§ 22, 23 KUG i.V.m. Art. 85 Abs. 2 DS-GVO scheidet zudem aufgrund eines fehlenden journalistischen Verarbeitungszweckes aus.

Für die Praxis ergeben sich aus dem Urteil für die Veröffentlichung von Fotografien wichtige Hinweise, insbesondere welche Kriterien im Rahmen einer Interessenabwägung einbezogen werden sollten. Hierzu zählen unter anderem der Aspekt der Erforderlichkeit, die näheren Umstände der Anfertigung sowie das Veröffentlichungsmedium und der Zeitpunkt der Veröffentlichung.

Eine umfassende Darstellung der Entscheidungsgründe sowie der Auswirkungen und Handlungsempfehlungen für die Praxis können Sie unserem Beitrag „Veröffentlichung von Gruppenfotos in sozialen Netzwerken“ entnehmen, welcher in der Ausgabe Nr. 04/2021 des DATENSCHUTZ-BERATER erschienen ist. Den Beitrag können Sie in der digitalen Fassung hier abrufen.

Über den Autor: Max Just, LL.M. ist Wirtschaftsjurist und als externer Datenschutz- und Informationssicherheitsbeauftragter beim DID Dresdner Institut für Datenschutz tätig. Neben diversen öffentlichen Stellen berät er ebenfalls verschiedene IT- und mittelständische Unternehmen. Für Anregungen und Reaktionen zu diesem Beitrag können Sie den Autor gern per E-Mail kontaktieren.