Sind Google-Recherchen im Bewerbungsverfahren zulässig?

Sind Google-Recherchen im Bewerbungsverfahren zulässig?


Jüngst hatte sich das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf mit der Frage auseinanderzusetzen, ob die Durchführung einer Google-Recherche zur Überprüfung der Eignung des Bewerbers datenschutzrechtlich zulässig ist. Hierbei stellte das Gericht klar, dass unter bestimmten Voraussetzungen eine Hintergrundrecherche zur Person des Bewerbers möglich sein kann, sprach dem erfolglosen Bewerber dennoch einen immateriellen Schadenersatz in Höhe von 1.000 Euro zu. Der nachfolgende Beitrag stellt die Hintergründe des Urteils dar.


Zum Sachverhalt

Im vorliegenden Fall handelte es sich um eine Bewerbung auf die ausgeschriebene Stelle für eine:n Volljurist:in im öffentlichen Dienst. Gegen den Bewerber lag eine nicht-rechtskräftige Verurteilung wegen gewerbsmäßigen Betrugs zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten auf Bewährung vor. Der Vorwurf lautete, der Bewerber habe vielfach fingierte Bewerbungen eingereicht, um potenzielle Arbeitgeber anschließend wegen angeblicher Diskriminierung zur Zahlung von Entschädigungen zu veranlassen.

Auf Grundlage eines konkreten Verdachts – der zuständige Personaldezernent konnte sich an ein Urteil im Zusammenhang mit dem Namen des Bewerbers erinnern – führte die öffentliche Stelle eine Google-Recherche zum Bewerber durch und stieß hierbei auf einen Wikipedia-Artikel zur Person des Bewerbers, welcher ebenfalls Darstellungen zur nicht-rechtskräftigen Verurteilung enthielt. Die öffentliche Stelle bezog die über die Google-Recherche erlangten Informationen in das Auswahlverfahren ein und lehnte den Bewerber letztendlich ab.

Der erfolglose Bewerber legte hiergegen mit der Begründung Klage ein, die Google-Recherche sowie die Verarbeitung der hieraus gewonnenen personenbezogenen Daten sei datenschutzrechtlich unzulässig gewesen und zudem sei er nicht über diese Verarbeitung seiner personenbezogenen Daten informiert worden.


Zum Urteil

Auf Grundlage des vorliegenden Sachverhaltes führte das LAG Düsseldorf in seinem Urteil vom 10. April 2024 (Az. 12 Sa 1007/23) zunächst aus, dass die Durchführung einer Google-Recherche im Rahmen eines Bewerbungsverfahrens unter bestimmten Voraussetzungen datenschutzrechtlich zulässig sein kann. Als Rechtsgrundlage komme hierfür Art. 6 Abs. 1 Satz 1 lit. b) DS-GVO in Betracht, wonach eine Verarbeitung personenbezogener Daten rechtmäßig ist, wenn diese zur Durchführung vorvertraglicher Maßnahmen erforderlich ist, die auf Anfrage der betroffenen Person erfolgen. Ein Bewerbungsverfahren kann grundsätzlich eine vorvertragliche Maßnahme darstellen, wobei in der Bewerbung die Anfrage der betroffenen Person zu sehen ist.

Das Gericht stellte zudem fest, dass eine bestehende Vorstrafe einer Eignung im Sinne des Art. 33 Abs. 2 Grundgesetz (Eignung zum öffentlichen Amt) für die betreffende Stelle entgegenstehen kann. Aufgrund des Zusammenhangs zwischen der nicht-rechtskräftigen Verurteilung des Bewerbers und der konkreten Stellenausschreibung, sah das Gericht die fehlende Geeignetheit des Bewerbers als gegeben an. Dementsprechend war auch die Durchführung der Google-Recherche nach Ansicht des Gerichts zulässig: Die öffentliche Stelle ging einem konkreten Verdacht nach, der an der Eignung des Bewerbers zweifeln ließ. Die Recherche diente demnach dem Zweck, die Eignung des Bewerbers zu beurteilen.

Inwieweit die Durchführung einer Google-Recherche ohne konkreten Verdacht zulässig gewesen wäre, ließ das Gericht offen. Aufgrund der in diesem Fall wohl zu verneinenden Erforderlichkeit der Datenverarbeitung, wäre die Zulässigkeit in derartigen Fällen wohl eher anzuzweifeln.

Weiterhin stellte das LAG Düsseldorf jedoch fest, dass die öffentliche Stelle versäumt hatte, den Bewerber ausreichend über die Verarbeitung seiner personenbezogenen Daten gemäß Art. 14 DS-GVO zu informieren. Zwar wurde dem Bewerber im Rahmen des Bewerbungsgespräches offengelegt, dass der betreffende Wikipedia-Artikel gesichtet worden sei, es fehlte jedoch an einer Darstellung, welche konkreten personenbezogenen Daten aus diesem Artikel im Rahmen des Bewerbungsverfahrens verarbeitet wurden. Hierin sah das Gericht einen erheblichen Kontrollverlust seitens des Bewerbers, der gemäß Art. 82 Abs. 1 DS-GVO einen Anspruch auf Schadenersatz, in diesem konkreten Fall in Höhe von 1.000 Euro auslöste.

Über den Autor: Max Just, LL.M. ist Wirtschaftsjurist und als externer Datenschutz- und Informationssicherheitsbeauftragter beim DID Dresdner Institut für Datenschutz tätig. Neben diversen öffentlichen Stellen berät er ebenfalls verschiedene IT- und mittelständische Unternehmen. Im Silicon Saxony e.V. nimmt er die Funktion als Leiter des Arbeitskreises Privacy & Security wahr. Für Anregungen und Reaktionen zu diesem Beitrag können Sie den Autor gern per E-Mail kontaktieren.