EINSATZ VON VIDEOKONFERENZSYSTEMEN

Im Zuge der Corona-Pandemie wurde durch Veränderungen im beruflichen Alltag – insbesondere bei der Durchführung von Meetings und Besprechungen – und einer damit gleichlaufenden Verlagerung von Tätigkeiten ins Homeoffice der Bedarf an Videokonferenzen merklich gesteigert. Mit dem Einsatz und der Verwendung von sogenannten Videokonferenzsystemen gehen eine Vielzahl von datenschutzrechtlichen Fragestellungen einher, welche im folgenden Beitrag näher beleuchtet werden sollen.


WELCHE ARTEN VON VIDEOKONFERENZSYSTEMEN SIND ZU UNTERSCHEIDEN?

Für Verantwortliche bieten sich bei dem Einsatz von Videokonferenzsystem grundsätzlich drei Möglichkeiten:

(1) Betrieb der ausgewählten Software auf eigenen Servern. Diese Lösung wird als sogenannte „on-permise-Lösung“ bezeichnet, also ein Nutzungsmodell auf eigenen IT-Ressourcen. Der Veranstalter der Konferenz ist für die jeweilige Videokonferenz demnach auch der Verantwortliche i.S.d Art. 4 Nr. 7 Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO).

(2) In Abwandlung zur ersten Alternative kann sich der Verantwortliche bei dem Betrieb der Software der Serverleistung eines externen IT-Dienstleisters bedienen. Der auf diesem Wege eingesetzte Dienstleister ist ein Auftragsverarbeiter i.S.d. Art. 4 Nr. 8 DS-GVO.

(3) Schließlich besteht die Möglichkeit, dass Verantwortliche Videokonferenzsysteme über einen cloudbasierten Online-Dienst („Software-as-a-Service“) nutzen. Der Anbieter einer solchen Softwarelösung ist regelmäßig nicht als Verantwortlicher der konkreten Konferenz, sondern als Auftragsverarbeiter zu qualifizieren. Verarbeitet der Anbieter, die im Rahmen der Konferenz übermittelten Daten jedoch zu eigenen Zwecken, ist er für diese Datenverarbeitung insoweit als Verantwortlicher einzustufen.

Je nach Ausgestaltung des Einsatzes der Anwendung müssen Verantwortliche unterschiedlichen Anforderungen nach den Bestimmungen der DS-GVO nachkommen. Dies betrifft allen voran die Rechenschaftspflicht gemäß Art. 5 Abs. 2 DS-GVO, wonach der Verantwortliche die Einhaltung der Datenschutzgrundsätze jederzeit nachweisen können muss. Erforderlich ist mithin die Anlage eines Verzeichnisses von Verarbeitungstätigkeiten gemäß Art. 30 Abs. 1 DS-GVO. Unter Umständen kann die Durchführung einer Datenschutz-Folgenabschätzung gemäß Art. 35 DS-GVO geboten sein. Darüber hinaus ist insbesondere bei dem Einsatz eines Auftragsverarbeiters ein Auftragsverarbeitungsvertrag gemäß Art. 28 Abs. 3 DS-GVO mit dem betroffenen Dienstleister abzuschließen.


AUF WELCHE RECHTSGRUNDLAGE KANN DIE DURCHFÜHRUNG EINER VIDEOKONFERENZ GESTÜTZT WERDEN?

Bei der Durchführung einer Videokonferenz handelt es sich unstreitig um eine Verarbeitung personenbezogener Daten. Zur rechtmäßigen Verarbeitung bedarf es gemäß Art. 5 Abs. 1 lit. a), Art. 6 DS-GVO einer belastbaren Rechtsgrundlage. Die konkrete Erlaubnisnorm ist in Kontext der jeweiligen Verarbeitungssituation zu bestimmen. Erfolgt die Videokonferenz über einen cloudbasierten Dienst, um beispielsweise einen Online-Kurs oder ein Seminar durchzuführen, wird die Verarbeitung regelmäßig zur Erfüllung eines Vertrages gemäß Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. b) DS-GVO erforderlich sein. Ebenso kommt Art. 6 Abs. 1 lit. f) DS-GVO in Betracht. Abhängig vom Einzelfall wird die Teilnehme von Mitarbeitern in vielen Fällen gemäß Art. 88 Abs. 1 DS-GVO i.V.m. § 26 Abs. 1 S. 1 BDSG zur Durchführung des Beschäftigungsverhältnisses erforderlich sein. Daneben kann ebenfalls die Einwilligung der Teilnehmer gemäß Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. a) DS-GVO herangezogen werden.

Außerdem sind weitere Rechtsgrundlagen zu überprüfen, wenn neben der eigentlichen Durchführung der Videokonferenz andere Verarbeitungstätigkeiten durchgeführt werden, beispielsweise die Aufzeichnung der Konferenz oder die Übermittlung personenbezogener Daten in Drittländer.


WER MUSS DIE DATENSCHUTZINFORMATION ERFÜLLEN?

Der Veranstalter einer Videokonferenz muss die Informationspflichten gemäß Art. 13 DS-GVO gegenüber allen Betroffenen erfüllen. Nicht ausreichend ist hierbei auf die Datenschutzinformationen des Diensteanbieters zu verweisen. Diese Hinweise können nicht die Informationspflichten des Verantwortlichen ersetzen. Dieser muss gegenüber den Betroffenen für seinen Verantwortungsbereich den Informationspflichten nachkommen und unter Umständen Betroffenenrechte umsetzen. Von der Informationsverpflichtung werden unter anderem Hinweise zum Verantwortlichen und gegebenenfalls zum Datenschutzbeauftragten, zu den Verarbeitungszwecken sowie zur Rechtsgrundlage für die Verarbeitung, und den berechtigten Interessen, die bei einer Verarbeitung gemäß Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. f) DS-GVO umfasst werden sowie der Speicherdauer. Ferner muss über die Betroffenenrechte und das Beschwerderecht bei der Aufsichtsbehörde informiert werden.

Im Rahmen der Informationspflichten ist insbesondere zu beachten, dass gemäß Art. 13 Abs. 1 lit. f) DS-GVO anzugeben ist, wenn eine Übermittlung personenbezogener Daten in ein Drittland erfolgt und ob diese Übermittlung auf einen Angemessenheitsbeschluss der EU-Kommission oder andere Garantien gestützt wird.

Möglich ist es bspw. den Teilnehmenden einer Videokonferenz im Vorfeld per E-Mail die Informationen zur Verfügung zu stellen. In Betracht gezogen werden kann auch, dass der Text auf der Organisationswebseite zur Verfügung gestellt wird und in der Konferenzeinladung eine entsprechende Verlinkung erfolgt.


WELCHE TECHNISCHEN UND ORGANISATORISCHEN MAßNAHMEN MÜSSEN VERANTWORTLICHE TREFFEN?

Der Verantwortliche muss dafür Sorge tragen, dass nach den Grundsätzen der Art. 5 Abs. 1 lit. f) DS-GVO, Art. 24, Art. 25 und Art. 32 DS-GVO geeignete technische und organisatorische Maßnahmen getroffen werden, um ein dem Risiko angemessenes Schutzniveau zu gewährleisten. Mittlerweile haben sich folgende generische technische und organisatorische Maßnahmen herausgebildet (Auflistung nicht abschließend):
– Wird keine on-permise-Lösung genutzt, müssen Serverstandorte überprüft werden,
– Verschlüsselte Übertragung (Transportverschlüsselung oder ggf. Ende-zu-Ende-Verschlüsselung),
– Aufzeichnungsfunktion der Konferenz deaktivieren,
– Verhaltensüberwachung beziehungsweise Aufmerksamkeitstracking ausschalten,
– Zugangsbeschränkungen durch Login,
– Zutritt zur Konferenz regeln (beispielsweise über Warteraumfunktionen),
– Möglichkeiten zu Hintergründen und Weichzeichnern (»background blur«) aufzeigen,
– Privacy by Default (Kamera und Mikrofon deaktivieren, Freigabe durch Teilnehmer selbst ermöglichen),
– Löschung von Protokollen und Aufzeichnungen, sobald sie nicht mehr erforderlich sind,
– Datensparsame Zugangsmöglichkeiten (beispielsweise über den Browser oder per Telefon).


WELCHE HERAUSFORDERUNGEN ERGEBEN SICH BEI DEM EINSATZ VON DIENSTLEISTERN IN SOGENANNTEN DRITTSTAATEN?

Herausforderungen ergeben sich außerdem bei einer mit dem Einsatz von Konferenzsystemen verbundenen Übermittlung von personenbezogenen Daten in sogenannte Drittländer, insbesondere die USA, durch beispielsweise den Einsatz eines entsprechenden Dienstleisters. Hierbei rücken – durch die Unzulässigkeitserklärung des sog. Privacy-Shields durch den Europäischen Gerichtshof – die sogenannten Standarddatenschutzklauseln als Legitimationsgrundlage in das Blickfeld der Verantwortlichen. Diese sind jedoch zur Sicherstellung geeigneter Garantien nicht ausreichend. Vielmehr bedarf es der Sicherstellung weiterer technische und organisatorischer sowie rechtlicher Maßnahmen.


FAZIT

Vor der Inbetriebnahme eines entsprechenden Videokonferenzsystems müssen Verantwortliche einzelfallbezogen eine Reihe von datenschutzrechtlichen Anforderungen umsetzen. Nur so kann der rechtkonforme Einsatz gewährleistet werden.

Über den Autor: Alexander Weidenhammer ist Rechtsanwalt und als externer Datenschutz- und IT-Sicherheitsbeauftragter beim Dresdner Institut für Datenschutz tätig. Im Fokus seiner Beratungstätigkeiten liegen insbesondere Rechtsanwalts- und Steuerberatungskanzleien, mittelständische Unternehmen sowie Vereine.