Der Einsatz von Dashcams erfreut sich in Deutschland an zunehmender Beliebtheit. Dabei haben nicht nur Privatpersonen das mögliche „Beweismittel“ für sich entdeckt, auch immer mehr Flottenbetreiber deklarieren die Vorteile einer Verkehrsraumüberwachung für sich. Als Rechtfertigungsgründe werden hierzu häufig die Aufklärung von Unfällen bei der Arbeit, Beweissicherung für die Klärung der Schuldfrage in einem Gerichtsverfahren sowie der Schutz vor Vandalismus an den firmeneigenen Fahrzeugen (Eigentumsschutz) angebracht.
Dashcams sind kleine Kameras, die meist im Bereich der Windschutzscheibe angebracht sind und fortwährend das Geschehen im Straßenverkehr als Video aufzeichnen. Durch diese Aufzeichnung werden zwangsläufig Kfz-Kennzeichen anderer Verkehrsteilnehmer sowie unbeteiligte Dritte, die sich auf (Radfahrer) oder in der Nähe (Passanten) einer Straße aufhalten, erfasst. Es werden personenbezogene Daten verarbeitet. Das führt zu der Erforderlichkeit, den Einsatz dieser Minikameras in einem datenschutzrechtlichen Kontext zu betrachten.
Teilnehmer im öffentlichen Straßenverkehr haben ein berechtigtes Interesse daran, nicht ohne rechtlichen Grund aufgezeichnet zu werden. Das gilt schon allein deshalb, weil sie sich der Überwachung durch die Dashcams, von denen sie regelmäßig keine Kenntnis haben, nicht entziehen können. Der rechtmäßige Einsatz von Dashcams im Straßenverkehr bemisst sich nach Art. 6 Abs. 1 lit. f DS-GVO. Danach ist die Verarbeitung personenbezogener Daten nur zulässig, soweit dies zur Wahrung berechtigter Interessen von Verantwortlichen oder Dritten erforderlich ist und sofern nicht die Interessen, Grundrechte oder Grundfreiheiten der betroffenen Person überwiegen. Daraus ergibt sich eine Interessenabwägung zwischen den Interessen des Verantwortlichen, also demjenigen, der eine Dashcam einsetzt und den Interessen der davon Betroffenen, also der anderen Verkehrsteilnehmer, die aufgezeichnet werden. Eine entscheidende Rolle spielt dabei jeweils der Einsatzzweck.
So sind nach Auffassung der Datenschutzkonferenz, kurz: DSK, permanente und ohne besonderen Anlass vorgenommene Aufzeichnungen im Straßenverkehr unzulässig (vgl. Positionspapier der DSK vom 28.01.2019 zur Unzulässigkeit von Videoüberwachung aus Fahrzeugen). In diesem Fall überwiegen die Interessen der Betroffenen. Jede Person hat das Recht auf Schutz der sie betreffenden personenbezogenen Daten. Dies umfasst das Recht des Einzelnen, sich in der Öffentlichkeit frei zu bewegen, ohne befürchten zu müssen, ungewollt und anlasslos zum Objekt einer Videoüberwachung gemacht zu werden. Als anlasslos gilt der Betrieb einer Dashcam insbesondere, wenn die Aufzeichnung bei Fahrtantritt aktiviert wird und der Speicher erst überschrieben wird, sobald er vollläuft. Solche rotierenden Aufzeichnungen stellen einen Verstoß gegen die Datenschutz-Grundverordnung dar.
Auch wenn der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 15. Mai 2018 (AZ. VI ZR 233/17) die Beweisverwertbarkeit von Bildmaterial in einem Zivilrechtsstreit wegen eines Verkehrsunfalles zugelassen hat, betont er doch gleichzeitig, dass die Verwendung von Dashcams einen rechtswidrigen Eingriff nach der DS-GVO darstellen.
Der Einsatz einer Dashcam wird dann als datenschutzkonform bewertet, wenn sichergestellt ist, dass damit gefertigte Videoaufzeichnungen – ohne ein eine längere Speicherung rechtfertigendes Ereignis – nach kurzer Zeit; maximal drei bis fünf Minuten, wieder gelöscht werden. Es kommt bei der Aufzeichnung also maßgeblich auf ein auslösendes Ereignis an. Technisch sollte die eingesetzte Dashcam daher im sogenannten Loop-Modus filmen. Dabei nimmt die Kamera immer nur kurze Sequenzen maximal 1 Minute auf, die anschließend überschrieben werden, sofern sie nicht gesperrt wurden. Die Sperrung geht entweder manuell auf Knopfdruck, oder wird durch einen sogenannten G-Sensor ausgelöst. Dieser nimmt die bei einem Unfall wirkenden G-Kräfte wahr und löst eine Aufzeichnung aus. Wichtig ist aber auch hier zu wissen, dass solche Aufzeichnungen gelöscht werden müssen, sollte sich herausstellen, dass ein starkes Bremsen, Beschleunigen oder die Erschütterung nichts mit einem Schadensereignis zu tun hatte.
Zu alle dem muss der Verantwortlich bei einer Videoüberwachung mittels Dashcam sicherstellen, dass er die Informationspflichten gemäß Art. 12 ff. DS-GVO wahrt, auch wenn dies gerade bei fahrenden Fahrzeugen in praktischer Hinsicht Schwierigkeiten aufwirft. So empfiehlt es sich, am Fahrzeug und von außen gut erkennbar einen Hinweis auf eine im Fahrzeug befindliche Dashcam, z.B. in Form eines Piktogramms sowie den Firmennamen und eine Internetadresse anzubringen. Auf der Internetseite können dann sämtliche nach Art. 13 DS-GVO erforderlichen Informationen aufgelistet werden.
Setzt also ein Unternehmen Dashcams ein, die ohne Anlass Aufzeichnungen im Straßenverkehr vornehmen, oder kommt er bei dem Einsatz einer Kamera, die nur unter bestimmten Vorbedingungen aufzeichnet, seinen Informationspflichten nicht nach, muss das Unternehmen mit einem erheblichen Bußgeld rechnen. Für Unternehmen hat die Datenschutzkonferenz Ende 2019 ein Konzept zur Bußgeldzumessung veröffentlicht. Da für die Zumessung verschiedene Faktoren relevant sind, können keine pauschalen Beträge genannt werden. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass die Überwachung unbeteiligter Verkehrsteilnehmer keinen nur geringfügigen Verstoß darstellt. Mit einer Geldbuße im Rahmen für „leichte“ Verstöße können Verantwortliche daher in der Regel nicht rechnen.
Nichtsdestotrotz ist der datenschutzkonforme Einsatz von Dashcams in firmeneigenen Fahrzeugflotten unter den oben aufgezeigten Kriterien nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Planen Sie eine umfangreiche Aufrüstung ihre Firmenfahrzeuge mit Dashcams, binden Sie frühzeitig Ihren Datenschutzbeauftragten mit ein.
Über die Autorin: Carolin Rubel ist Rechtsanwältin und als externe Datenschutzbeauftragte beim Dresdner Institut für Datenschutz tätig. Im Fokus ihrer Beratungstätigkeiten liegen neben der Betreuung von Auftraggebern aus den allgemeinen Bereichen Industrie/Handel/Dienstleistung, spezialisiert Wohnungsunternehmen sowie kirchliche Stellen und Auftraggeber aus dem Gesundheitsbereich. Für Anregungen und Reaktionen zu diesem Beitrag können Sie die Autorin gern per E-Mail kontaktieren .